Archive for 29. Februar 2012

Prinz Willem-Alexander gedenkt mit Veteranen der Schlacht in der Javasee 1942, als ein niederländischer Admiral den Kampf gegen die japanische Flotte verlor

Die Niederlande in Trauerstimmung. Mit dem schweren Hirnschaden, den Prinz Friso bei einem Lawinenunfall in Österreich erlitten und der ihn wohl für den Rest des Lebens in Wachkoma getrieben hat, ist die Passionsgeschichte des Königshauses um ein trauriges Kapitel reicher. Man denke nur an den Anschlagsversuch auf Königin Beatrix, bei dem 2009 sieben Menschen starben. Doch der Auftrag, der Kronprinz Willem-Alexander jetzt in die Kloosterkerk in Den Haag führte, reichte über die dynastische Geschichte weit hinaus.

Viele Niederländer, darunter zahlreiche Veteranen des Zweiten Weltkrieges, waren zusammengekommen, um der letzten großen Schlacht zu gedenken, die die Kolonialmacht Niederlande geführt hat.

Vor 70 Jahren, am 27. und 28. Februar, versuchte die „Osteingreifflotte“ unter Karel Doorman, die japanische Invasion Indonesiens in letzter Minute zu vereiteln. In der größten Seeschlacht seit dem britisch-deutschen Kräftemessen im Skagerrak 1916 verlor der niederländische Admiral fünf Kreuzer und sein Leben. Es war das Ende des niederländischen Imperiums in Ostasien.

Der Besuch von Willem-Alexander, der seine ebenfalls geladene Mutter vertrat, erinnert an eine Epoche, in der die Niederlande keineswegs der moderne, liberale Staat waren, für den die Oranier heute stehen. Anfang des 17. Jahrhunderts hatten schwerbewaffnete niederländische Handelsflotten den Portugiesen das Monopol im Ostasienhandel abgerungen und auf den geheimnisumwitterten Gewürzinseln ein Kolonialreich errichtet.

Nach dem Bankrott der Verenigde Oost-Indisch Compagnie 1798 hatte der Staat ihre Hinterlassenschaft übernommen und daraus ein lukratives Geschäft gemacht, indem er ein Fünftel der landwirtschaftlichen Erträge abschöpfte und auf den Welthandel brachte. Hinzu kamen große Vorkommen von Öl, Gummi, seltene Metalle, Hölzer – strategische Schätze, die die aufstrebende japanische Großmacht dringend benötigte. Als das Kaiserreich am 7. Dezember 1941 die US-Flotte in Pearl Harbor vernichtete, ging es vor allem darum, für die Eroberung Ostasiens freie Hand zu bekommen. In kombinierten See- und Landoperationen überrannten die Truppen des Tenno Hongkong, die Philippinen, Malaya. Am 15. Februar 1942 kapitulierte die für uneinnehmbar gehaltene britische Kolonialfestung Singapore mit mehr als 130.000 Mann vor einer Streitmacht, die nicht einmal die Hälfte betrug. Schon begannen die Landungen auf den Inseln Indonesiens.

Die letzte Streitmacht, die zwischen den Japanern und der Metropole Niederländisch-Indiens, Batavia (das heutige Jakarta) stand, war ein kombiniertes Kreuzergeschwader aus niederländischen, britischen, australischen und amerikanischen Schiffen, die von zahlreichen Zerstörern begleitet wurden. Die meisten britischen Flugzeuge waren bei den Kämpfen um Malaya zerstört worden, Divisionen waren zum Schutz Indiens und Ägyptens abgezogen worden. Die niederländischen Truppen auf Java waren nur mit zweitklassigem Material ausgerüstet. Nachdem Aufklärer das Anlaufen japanischer Truppenkonvois gemeldet hatten, stach Doorman mit zwei Schweren, drei Leichten Kreuzern und neun Zerstörern nach Norden in See. Ihm stand die Deckungsgruppe unter dem japanischen Admiral Takeo Takagi gegenüber, die zwar nur über zwei Schwere und zwei Leichte Kreuzer verfügte, aber auch über eine Superwaffe: die 60-Zentimeter-Torpedos vom Typ „Langspeer“. Flugzeugträger, die bald den Pazifik beherrschen sollten, waren nicht beteiligt.

In der Abenddämmerung trafen die beiden Flotten aufeinander. Es entwickelte sich ein Artillerieduell, bei dem die Alliierten bald erste Treffer hinnehmen mussten, ein Kreuzer fiel aus. Noch problematischer war, dass Doorman viele Zerstörer zurückschicken musste, weil sie ihren Brennstoff nahezu aufgebraucht hatten. Bis dahin war nur ein Zerstörer Opfer der überlegenen japanischen Torpedos geworden. Doch sollte sich das in der Nacht ändern.

Während Doorman erneut die nachrückenden Japaner angriff, erreichten weitere kaiserliche Kriegsschiffe das Schlachtfeld. Ihrem Torpedoangriff fielen die verbliebenen niederländischen Kreuzer zum Opfer, darunter die „De Ruyter“, Doormans Flaggschiff. Die „USS Houston“ und die „HMS Perth“ entkamen, um in der Nacht darauf von den Japanern gestellt und vernichtet zu werden. Kurz darauf überrannten ihre Landungstruppen die niederländische Verteidigung, die am 12. März 1942 in Bandung kapitulierte.

Anders als auf den Philippinen, wo sich eine einheimische Guerilla-Bewegung entwickelte, akzeptierte die Bevölkerung Indonesiens die japanische Besatzung. Das hing nicht zuletzt daran, dass die Niederländer, anders als die Briten in Indien, den einheimischen Eliten nie den Zugang zu westlicher Bildung und entsprechender sozialer Akzeptanz eröffnet hatten. Zwar machte die brutale Ausbeutung des Landes auch die Japaner bald unbeliebt, doch das Ergebnis war das Entstehen einer Nationalbewegung, die 1945 schließlich den Kampf gegen die zurückkehrenden Kolonialherren aufnahm.

Obwohl die Niederlande in dem Befreiungskampf mehr als 100.000 Mann einsetzten, erwiesen sich die einheimischen Guerillakämpfer als die Stärkeren, nicht zuletzt, weil das brachiale Vorgehen der Kolonialtruppen die Weltöffentlichkeit gegen die Europäer einnahm. 1949 entließ Den Haag sein ostasiatisches Reich in die Unabhängigkeit.

Damit endete die Epoche der Kolonialmacht, der die Niederlande unter anderem ihr Goldenes Zeitalter der Künste verdanken. Der Besuch von Prinz Willem-Alexander erinnert daran, dass das kleine Land im Herzen Europas lange Zeit eine überseeische Geschichte hatte.

29. Februar 2012 at 06:48 Hinterlasse einen Kommentar

Die holländische Königsfamilie muss eventuell bald eine schwere Entscheidung treffen

Nein, es gebe keinen speziellen Gottesdienst für Prinz Friso, sagt der Küster der reformierten Gemeinde in Delft, dazu gebe es schließlich keinen Anlass, der Prinz sei schließlich nicht gestorben. Und dennoch haben die Gläubigen für Friso und die königliche Familie gebetet, in vielen Kirchen der Niederlande und natürlich auch in Delft, das eine besondere Beziehung zu Friso hat.

Hier heiratete der Prinz 2004 die bürgerliche Mabel, obwohl er damit von der Thronfolge ausgeschlossen wurde und wohl auch gegen den Willen seiner Mutter, Königin Beatrix. Heute denke niemand mehr daran, sagt der Küster der Gemeinde, angesichts des Leids, das die königliche Familie getroffen habe, sei das zweitrangig. Tatsächlich rückt das Land zusammen, nimmt großen Anteil am Schicksal des zweiten Sohnes von Königin Beatrix, der immer noch im Klinikum im österreichischen Innsbruck liegt, nachdem er beim Skifahren von einer Lawine verschüttet worden war.

Derzeit wird nach einer Reha-Klinik für Friso gesucht. Königin Beatrix verbrachte das Wochenende in den Niederlanden, reiste am Montag aber schon wieder nach Lech. Bei einem offiziellen Termin, einer Gedenkveranstaltung für niederländische Kriegsveteranen, wurde sie von ihrem Sohn und Thronfolger Prinz Willem Alexander vertreten.

Königin Beatrix und Mabel wollen nun gemeinsam mit den Ärzten der Klinik Innsbruck das weitere Vorgehen besprechen.

Dabei wird es schwierig, Friso in den Niederlanden weiter zu behandeln. So gibt es zwar ein Rehabilitationszentrum in Tilburg, dies ist allerdings auf Patienten spezialisiert, die jünger als 25 Jahre sind. Alternativ käme auch in Frage, Friso im Ausland zu behandeln, etwa in London, wo er mit seiner Familie lebt.

Diskutiert wird in den Niederlanden auch eine Verlegung des Prinzen in das akademische Krankenhaus im belgischen Lüttich. Dort gibt es eine der wenigen auf Komapatienten pezialisierte Abteilungen in Europa. Eine Woche lang werden die Patienten hier einer langen Reihe Tests unterzogen.

Oft kommen Patienten an, von denen es heißt, dass sie kein Bewusstsein mehr hätten und wir entdecken dann doch das Gegenteil“, zitiert die niederländische Tageszeitung „De Volkskrant“ den Neurologen des Lütticher Komateams Steven Laureys.

So liefere das Spezialistenteam oft wichtige Erkenntnisse für die Familie des Koma-Patienten. „Patienten, die mit dem Etikett „vegetativ“ zu uns kommen zeigen manchmal, dass sie doch noch Emotionen und Schmerzen erfahren können“, so Laureys. Doch selbst wenn dies im Fall des Prinzen nicht der Fall sein sollte, könne eine gründliche Diagnose, nach neuesten Erkenntnissen, helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wenn in dieser Zeit keine Hirnaktivität auf dem EEG mehr erkennbar ist, gilt der Patient als hirntot, sagte etwa die Reha-Ärztin Pauline Hoenderdaal unserem Haus auf Nachfrage. In der Regel entscheiden die Ärzte dann, die Maschinen abzustellen.

Zu unterscheiden ist der Hirntod vom vegetativen Zustand eines Patienten. Hierbei schlägt das Herz spontan und der Patient atmet selbstständig, und es kann Monate oder Jahre dauern bis der Patient wieder das Bewusstsein erlangt.

Hier müssten die Angehörigen entscheiden, ob sie Sterbehilfe leisten oder nicht. Anders als in Deutschland ist in den Niederlanden aktive Sterbehilfe seit 2001 erlaubt.

Das niederländische Parlament legte gestern eine Schweigeminute zu Ehren der königlichen Familie und Prinz Friso ein. Parlamentspräsident Gerdi Verbeet sagte, jeder in den Niederlanden hoffe, dass sich der Gesundheitszustand des Prinzen doch noch bessert. Diskutiert wird in den Niederlanden auch eine Absage der zentralen Feier zum „Koninginnedag“ am 30. April, wo die königliche Familie traditionell zwei Städte in einer Provinz besucht.

29. Februar 2012 at 06:46 Hinterlasse einen Kommentar


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